In den vergangenen zwei Jahren begleitete Hildegard Aepli aus St. Gallen unsere Gemeinschaften in Wimbern und Laupheim. Sie ist Theologin, Geistliche Begleiterin, Exerzitienleiterin, Mitarbeiterin im Pastoralamt des Bistums St. Gallen in der Abteilung Spiritualität und Bildung und Seelsorgerin der Dompfarrei. Sie durchlief mit uns sehr kompetent den Weg des inneren Loslassens, hin zum inneren Neuwerden. Beim letzten Treffen am 17. und 18. August war unsere Gemeinschaft nun vollständig: Wimbern und Laupheim vereint. Von den 73 Schwestern nahmen 53 Schwestern an dem Besinnungstag teil.
Vom 16. bis 21. März zogen 30 Schwestern von Wimbern in das Dreifaltigkeitskloster nach Laupheim um. In den Wochen zuvor zogen 24 Schwestern nach Steyl. Am 21. April war die Verabschiedung der vier Schwestern in Oberdischingen. Die Profanierung der Kirche im Heilig-Geist-Kloster in Wimbern war am 24. April. Die Tage vom 30. April bis 03. Mai waren gekennzeichnet durch den großen Umzug der Schwestern vom Dreifaltigkeitskloster in das Pflegeheim illerSENIO. Nackte Zahlen, und doch, diese Zahlen sind so lebendig an Inhalt: Abschiedsschmerz, Ängste, Hoffnungen, Vertrauen waren gepaart mit Freude und dem Ausblick, einer neuen Zukunft entgegenzugehen.
Es waren emotionale Stunden, die wir mit diesem Rückblick verbracht haben. Wir sprachen unsere Dankbarkeit aus, dass der Neubau ohne Unglück vonstattengegangen ist. Wir spürten, dass wir einen unglaublichen Weg gegangen sind in der Kraft Gottes. Loslassen hat zwar ein Minus in sich, doch daraus erwächst ein großes Plus – wir dürfen als neue Menschen unseren Weg weitergehen, denn wir durften Gottes Kraft erfahren.
Der Prophet Jesaja sagt uns in 43,19 „Siehe, ich will jetzt Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr‘s denn nicht? Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.“ Gott ist unterwegs, nicht am Ende. Mein Alltag kann heiliger Boden werden. Im Buch Exodus lesen wir: Mose sah in der Wüste einen Dornbusch. Dieser brannte, aber er verbrannte nicht. Aus dem Feuer offenbarte Gott seinen Namen: Ich bin der ICH BIN DA. Gott wählte den Dornbusch und warf sein Feuer hinein. Der geringste Strauch, der hinterste Winkel, der letzte Platz ist gut genug als Ort der Erscheinung, als Wohnung für Gott. Selbst dort, wo die Dornen und Stacheln, wo die Bedrängnisse und Nöte des Lebens sind, da ist Gott, da ist „heiliger Boden“ – ICH BIN DA.
In einer Zeit der Stille durfte jede von uns Gott begegnen im „heiligen Feuer“ Wie habe ich in dieser Stille Gott im brennenden Busch erfahren dürfen? Wer wollte, durfte es mitteilen. Es war bereichernd, beglückend. Unser Zufluchts-Wort für alle Situationen: Gott sagt: „ICH BIN DA.“
In den verschiedenen Zusammenkünften mit Hildegard Aepli ist uns Madeleine Delbrel durch Aussagen, Texte und Gebete begegnet. Diese Texte sprechen so eine klare Sprache, Gott zugewandt – ja, wir erfuhren, GOTT IST DA – ER spricht zu uns. Ihr Anliegen war: „Christus lebendig werden zu lassen in einer Welt, in der er unbekannt ist.“ Mit ihren Lebens- und Glaubenserfahrungen wurde Madeleine Delbrel zu einer Wegbereiterin des Zweiten Vatikanischen Konzils und zur Prophetin einer Kirche im Aufbruch, so drückt es Papst Franziskus aus.
Wir beschäftigten uns intensiv mit ihren Worten und Gedanken zu In der Hingabe der Liebe – „Gott einen Ort sichern“ und übertrugen es auf unsere Situation: Hier zu sein, in diesem Haus, loslassend, dargebracht sein – nicht mehr überall entscheiden zu dürfen…
Wir sprachen die Worte in den Raum, in die gestaltete Mitte, von unseren Visionen für die Zukunft im neuen Zuhause, die wir in den vorigen Zusammenkünften beschrieben haben:
- „Missionarin, Dienerin des Heiligen Geistes sein
- Herr, da bin ich, Du hast mich gerufen, rede, Herr, deine Dienerin hört
- Mich selbst annehmen in aller Gebrechlichkeit, als Geschenk für IHN
- Hilfsbereit und liebevoll helfen
- Das Gebet für andere
- Meine Aufgabe ist die Liebe
- Sendung ist Auftrag, das Evangelium zu verkünden, in das Heute hinein
- Jesus ist immer wieder aufgebrochen: unser Vorbild
- Geduld haben und üben, kleine Schritte zu machen und zufrieden sein
- Unser Dasein und So-sein annehmen jeden Tag neu
- Gebet und Anbetung
- Absichtsloses Gutsein dem Nächsten gegenüber
- Leben in kleinen Gruppen als geistliche Zelle gestalten“
Um die Hingabe, dem Vertrauen und der Freude Ausdruck zu geben, gestalteten wir die „Visions-Karten“ durch Texte, Gebete und künstlerisch kreativ. Zum Abschluss empfing jede Schwester persönlich den Segen für ihren weiteren Weg.
„Sei gesegnet, meine Schwester NN., sei gesegnet auf deinem Weg.
Gehe sanft, meine Schwester, lass Mut dein Lied sein.
Worte weißt du zu sagen auf deine eigene Weise, und Sterne erhellen deine Nacht.
Solltest du jemals müde werden und das Lied deines Herzens ohne Widerhall bleiben,
dann denke daran, dass wir warten, um dich wieder aufzurichten.
Du bist ein Segen, unsere Schwester“
Herzlich danken wir Hildegard Aepli für diese tiefe Hinführung in unsere neue Zukunft, so wie es Madeleine Delbrel sagt: „Die Liebe ist unsere einzige Aufgabe." Ein großes Danken ging an Sr. Anna-Maria Kofler, die seit Jahren den Weg mit den Gemeinschaften ging und geht. Viele Planungen, Gespräche und Sitzungen sind seit dem Jahre 2017 immer wieder an der Tagesordnung gewesen, und manches ging nicht so reibungslos. Wir danken allen, die zum guten Gelingen beigetragen haben, doch dem größten Geber aller Gaben gebührt unser tiefstes DANKE.
Sr. Theresia Eberhard