Im Süden Deutschlands gibt es die alte Tradition, zum Fest Mariä Himmelfahrt einen Kräuterbüschel oder Kräuterstrauß zu binden. Diese Tradition geht bis in die vorchristliche Zeit zurück. Von Anfang August bis zum 8. September haben viele Kräuter ihre höchste Wirkkraft. Es ist die Zeit, in der der Sommer seinen Höhepunkt hat und schon der Übergang zum Herbst zu spüren ist.
Besonders auf dem Land können sich noch viele Menschen an die Tradition erinnern, die Kräuterbüschel zu binden und am Fest Mariä Himmelfahrt weihen zu lassen. Ich kann mich noch erinnern, dass meine Oma bei einem heftigen Gewitter von diesem Kräuterbüschel die Königskerze nahm und sie im Herdfeuer verbrannte, um den Blitz abzuwehren. Auch die Krankheiten der Tiere haben wir mit geweihten Kräutern behandelt.
Im Mai 2024 sind wir Steyler Missionsschwestern vom Dreifaltigkeitskloster in das neugebaute Seniorenheim von illerSENIO umgezogen. Es kamen noch 30 Schwestern aus Wimbern im Sauerland dazu. So war der Kräutertag eine neue Situation für uns und eine Premiere, die sehr gut geglückt ist.
Unser Kräutergarten ist in das Nachbardorf Burgrieden umgezogen, doch die fleißigen Kräuterfrauen sind treu geblieben und haben den neuen Garten sehr schön angelegt. Sie waren auch dieses Jahr wieder eine ganz große Hilfe bei der Durchführung des Marienkräutertages.
In den Kräuterstrauß gehören mindestens sieben Kräuter. Sieben ergibt sich aus der Zahl 3 plus 4. Drei ist die heilige göttliche Zahl, nicht nur im Christentum, sondern auch in anderen Religionen. Die Zahl 4 steht für das Weltliche, das Irdische. Dadurch ergeben sich verschiedene Möglichkeiten: 3 x 4 = 12, 3 x 3 = 9; 3 x 7 = 21; 2 x 12 = 24, usw.
Wir Schwestern, Sr. Mariana, Sr. Bohdana, Sr. Anna Elisabeth, Sr. Jana und die Kräuterfrauen haben in der Natur und im Kräutergarten die wichtigen Kräuter gesammelt: Königskerze, Nachtkerze, Odermennig, Rainfarn, Goldrute, Kamille, Dost, Schafgarbe, Blutweiderich, Wasserdost, Krauseminze, Pfefferminze, Beifuß, Klette, Beinwell, Färberkamille, Rosmarin, Thymian, Quendel, Salbei, Wermut, Lavendel, Baldrian, Anis-Ysop, Zitronenmelisse, Eibisch, Eisenkraut, Johanniskraut, Malve, Ysop, Bohnenkraut, Sonnenhut, Sonnenblume, Rose, Getreide, wilde Möhre, Eberraute, Silphie (Energiepflanze). Die Kräuter und Pflanzen sind aus den Bereichen: Heilpflanzen, Nahrungs- und Energiepflanzen und auch Dekorpflanzen für die Seele.
Am Samstagnachmittag kamen die Teilnehmer*innen, viele zum wiederholten Mal, aber auch einige zum ersten Mal. Der ebenerdige Platz vor dem Seniorenheim und im Saal unter der Kapelle waren barrierefrei zu erreichen und es haben sich Gäste und Hausbewohner*innen froh gemischt.
Im Namen der Steyler Missionsschwestern und von IllerSENIO hat Sr. Lioba Brand alle herzlich begrüßt. Danach konnten verschiedene Angebote wahrgenommen werden. Ein selbst zusammen gestelltes Kräutersäckchen, Kräuter-Märchen hören, in Kräuterbücher stöbern und Kräuter erkunden.
Bevor der Höhepunkt immer näher rückte, stärkten sich alle mit einer erfrischenden, geschmackvollen Kräuterlimonade und Broten mit köstlichen Aufstrichen: einem vegetarischen Kurkuma-Dattel-Aufstrich und einem veganen Gemüse-Fenchel-Aufstrich und zum Nachtisch Apfeltaschen. Die Rezepte waren sehr gefragt.
Nach der Stärkung haben sich alle einen schönen, individuellen Kräuterstrauß gebunden. Von den Kräuterfrauen wurden sie dabei tatkräftig unterstützt. Den Abschluss des Festes bildete der Segensgottesdienst, der von Sr. Christa Lucia geleitet wurde. Wir hatten sogar eine Gitarrenbegleitung für die Lieder. Der alte Strauß vom Vorjahr konnte mit Dankbarkeit verbrannt werden. Dann haben wir uns um die Zeder versammelt und mit Liedern und Segensgebeten den neuen Strauß gesegnet.
Als Andenken an diesen Tag gab einen Marienkräutertee zum Mitnehmen für alle Gäste. Froh und glücklich haben sich die Menschen verabschiedet. Es war eine gelungene Premiere, die unbedingt vorgesetzt werden soll, so war der Wunsch der Teilnehmer*innen. Auch für die Hausbewohner*innen war es ein sehr schöner Nachmittag.
Text: Sr. Lioba Brand
Fotos: Sr. Anna Monika Ausel